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Freitag, 5. August 2016

Zum Tag des Bergmanns
mit Freddy Quinn auf der Lohbühne
 

Unvergessene Festtage im Lohpark: das Gedränge war stets groß, die Bankreihen vor der Lohbühne immer besetzt beim frohen Beisammensein am Ehrentag der Glückauf-Bergleute


VON HUBERT APPENRODT

In jedem Jahr freuten wir uns im Sommer auf den ersten Sonntag im Juli, auf den Tag des Bergmanns mit seiner Festlichkeit und seinen vielversprechenden Veranstaltungen im Lohpark. Bereits am Morgen zog die Bergmannskapelle mit einem kraftvollen „Glückauf“ durch die Straßen, um mit einem musikalischen Morgengruß die Bürger der Stadt auf den Ehrentag der Bergleute einzustimmen. Die ansehnlichen Uniformen und Ehrenkleider saßen tadellos, im Sonnenlicht glänzten die blankgeputzten Instrumente, und die Musiker spielten frisch auf, daß es allen eine Freude war - die Stubenfenster waren weit geöffnet, ebenso die Ohren und Herzen der Stadtbewohner.

Frohsinn und gute Laune setzten sich danach auf dem Festplatz im Lohpark fort, vom frühen Vormittag bis in den Abend hinein sorgten künstlerische Darbietungen auf der Lohbühne für allerlei Abwechslung. Das Lohorchester spielte, Volkstanzgruppen und Chöre der Stadt traten auf, und es gab auch Aufführungen der Konzert- und Gastspieldirektion zu bewundern, manchmal mit bekannten Künstlern, die wir vom Fernsehen her kannten. Die Organisatoren ließen sich alljährlich stets etwas Besonderes einfallen. Auch die Gaumenfreuden kamen nie zu kurz - an den Bratwurstrosten, in den Festzelten und an den Brauereiwagen mit Bierausschank, an den Verkaufsständen für Eis und Schokolade. Für uns Kinder war der Bergmannssonntag ein ebenso freudiger Tag wie für die Bergarbeiter und ihre Familien - und für die Bürger der Stadt, die alljährlich eingeladen waren, mit den Kaliwerkern ein frohes Beisammensein zu begehen.

Vorausgegangen waren zuvor Auszeichnungsveranstaltungen in verschiedenen Betriebsteilen und Brigaden und auf einer zentralen Festversammlung, bei denen Bergleute, aber auch Arbeiter des Kaliwerks und Angestellte mit beachtenswerten Leistungen als Aktivist oder als Verdienter Bergmann ausgezeichnet worden waren oder die Ernennung zum Meisterhauer erhalten hatten. Die Auszeichnungen waren Grund genug, die Freude darüber mit anderen zu teilen, vor allem zu begießen. Dafür gab es auf dem Festplatz ausreichend Gelegenheit.

Das Gedränge war stets groß, alle Bankreihen vor der Lohbühne immer besetzt. Die Bratwurstroste verbreiteten den ganzen Tag über ihren wohlriechenden Duft, die erwachsenen Männer tranken ihr Bier vom Riesenfaß in dickwandigen Gläsern, wozu verschiedene Brauereien des Landes festlich geschmückte Ausschankwagen nach Sondershausen entsandt hatten. Für uns Kinder gab es nach der Bratwurst mit Brötchen und viel Senf aus einem großen Topf neben dem Rost eine Faßbrause, später ein Eis und, wenn das Geld noch reichte, für den Heimweg eine kleine Tafel Schokolade. Hierfür hatten wir ein ausreichendes Taschengeld erhalten.

Kam die Dämmerstunde, hatten wir, wie den Eltern versprochen, nach Hause aufzubrechen. Das Bühnengeschehen war jedoch besonders an lauen, windstillen Sommerabenden noch weithin zu vernehmen. Zu Hause angekommen, lauschten wir deshalb oft noch eine Weile vor dem Haus, was aus dem Lohpark bis zu uns herüber drang. Fast immer spielte jetzt eine Kapelle zum Tanz auf, für die Neu- und Altverliebten vor der Lohbühne. Einmal gab es eine kurze Unterbrechung und dann die Ansage, daß jetzt ein junger Mann mit seiner Gitarre zu hören sei, ein musikalisches Talent aus Sondershausen, damals vielleicht um die neunzehn Jahre alt, der fast eine Stunde lang ein Solokonzert gab – vor allem mit beliebten Liedern von Freddy Quinn. Nach jedem Vortrag gab es Riesenbeifall, besonders für „Fährt ein weißes Schiff nach Hongkong“ und „Junge, komm bald wieder“, und immer wieder laute Rufe nach Zugabe.

So erklang ein Lied nach dem anderen, über Liebe im Hafen und Matrosen auf hoher See, über Sehnsucht nach der Ferne, über Heimweh und Einsamkeit. Der wunderbare Gesang zur virtuos beherrschten Gitarre war sehr berührend und blieb vielen von uns unvergessen. Es war ein vortrefflicher Festtagsabschluß, über den in der Stadt noch lange gesprochen wurde.

Einige Tage später lenkte im Bergbad ein Klassenkamerad die Aufmerksamkeit auf einen jungen Mann, der auf einer Liegewiese seine Decke ausgebreitet hatte und leise auf seiner Gitarre spielte, mit leuchtenden Augen angehimmelt von einem jungen Mädchen neben ihm. „Das ist er, vom Bergmannstag.“ Und er fügte versonnen hinzu: „Gitarre müßte man spielen können – oder wenigstens Klavier.“