Märchenillustration von Alexander Zick (1845-1907) zu Dornröschen |
Schneewittchen
in der Hainleite
und auf
verschneiter Schloßtreppe
Die
Märchen der Brüder Grimm zur Weihnachtszeit
Erinnerungen an abendliche
Märchenstunden in unserer Stadt
VON HUBERT APPENRODT
Wenn in der Vorweihnachtszeit der erste Schnee vom Himmel auf unsere Stadt herabfällt, sanft, still und leise, dann öffnet sich gleichsam das himmlische Tor auch für all unsere alten Märchen. Schneewittchen steht dann auf der verschneiten Schloßtreppe und schaut neugierig dem lebhaften Geschehen auf dem Sondershäuser Weihnachtsmarkt vor der Alten Wache zu. Das tapfere Schneiderlein läßt sich an einem Stand einen Fingerhut Mus reichen, während Hänsel und Gretel am Pfefferkuchenstand Schneeweißchen und Rosenrot ins Cafe Pille zu Moccatorte und Pücklereis einladen. Am Glühweinstand tröstet sich der Fischer mit einem Gläschen nach dem anderen über seine stets unzufriedenen Frau hinweg, sie will nun, nachdem sie das fürstliche Landratsamt sah, Landrätin werden. Indessen gehen Rotkäppchen und seine Mutter von Stand zu Stand und kaufen am Ende für die kranke Großmutter eine Flasche Rotwein und bei Bäcker Hengstermann einen Kuchen. Der Bürgermeister im Rathaus hat Besuch von einer guten Fee erhalten und drei Wünsche frei. Er erhofft sich Einsicht, Nachsicht und eine weitere Amtszeit. Nach dem Gespräch im Bürgermeisteramt verschwindet die Fee wieder im Märchenbuch.
Als wir Kinder waren und noch nicht zur Schule gingen, las uns unsere Mutter jeden Abend zur guten Nacht ein Märchen der Brüder Grimm vor, aus zwei dicken Märchenbüchern mit Illustrationen von Lea Grundig. Jeden Abend, wir lagen bereits erwartungsfroh in unseren Betten, freuten wir uns vor dem Einschlafen auf das Gutenachtmärchen. Später kam ein Buch mit wunderbaren Illustrationen von Ludwig Richter hinzu, in dem wir im Herbst oder am winterliche Nachmittag oft blätterten oder später, als wir bereits zur Schule gingen, selbst lasen.
Die feinsinnigen, stimmungsvollen Illustrationen trugen zur Verzauberung in uns bei. Wir waren dann ganz in uns selbst versunken - in prachtvollen Schlössern zu Hause, in prunkvollen Sälen und königlichen Gemächern, in tiefschwarzen Wäldern, hinter den sieben Bergen. Wenn wir später die heimatlichen Wälder durchstreiften, waren uns oft auch die Märchen der Brüder Grimm mit dem Geschehen in dunklen Wäldern, verwunschenen Brunnen und Quellen gegenwärtig. Einmal machte der Sondershäuser Redakteur Karl-Heinz Meyer rätselhaft geheimnisvoll auf sieben Hügel der Hainleite aufmerksam, bei guter Sicht könne man sie sehen und abzählen. Ob im Norden, Osten oder Westen oder im Süden – jeder findet wohl etwas in den Märchen, das von seiner Heimat erzählt.
In der Hainleite also weilte Schneewittchen, biß es unwissend in den vergifteten Apfel, war es in einem gläsernen Sarg aufgebahrt, bis zu seiner glücklichen Erlösung. Wir ließen uns am Wunschabend immer wieder das Märchen vom Schneewittchen vorlesen oder das von Dornröschen, uns gefielen Rapunzel und Rotkäppchen, Brüderchen und Schwesterchen und Allerleirauh, in der Weihnachtszeit besonders Hänsel und Gretel.
Später entdeckten wir, in welch schöner, wunderbarer, oft auch humorvoller Sprache die Märchen von Jakob und Wilhelm Grimm abgefaßt sind. Welche Grausamkeit doch manches Märchen enthielt, störte uns damals nicht, weil es immer ein gutes Ende gab, mit gerechter Strafe für das Böse und für die anderen, denen aus großer Not geholfen worden war, das Versprechen, als Lohn nunmehr ein langes, besseres Leben vor sich zu haben: „Da hatten alle Sorgen ein Ende, und sie lebten in lauter Freude zusammen.“
Das sollte auch in Sondershausen seit jeher nicht anders sein.
Wenn in der Vorweihnachtszeit der erste Schnee vom Himmel auf unsere Stadt herabfällt, sanft, still und leise, dann öffnet sich gleichsam das himmlische Tor auch für all unsere alten Märchen. Schneewittchen steht dann auf der verschneiten Schloßtreppe und schaut neugierig dem lebhaften Geschehen auf dem Sondershäuser Weihnachtsmarkt vor der Alten Wache zu. Das tapfere Schneiderlein läßt sich an einem Stand einen Fingerhut Mus reichen, während Hänsel und Gretel am Pfefferkuchenstand Schneeweißchen und Rosenrot ins Cafe Pille zu Moccatorte und Pücklereis einladen. Am Glühweinstand tröstet sich der Fischer mit einem Gläschen nach dem anderen über seine stets unzufriedenen Frau hinweg, sie will nun, nachdem sie das fürstliche Landratsamt sah, Landrätin werden. Indessen gehen Rotkäppchen und seine Mutter von Stand zu Stand und kaufen am Ende für die kranke Großmutter eine Flasche Rotwein und bei Bäcker Hengstermann einen Kuchen. Der Bürgermeister im Rathaus hat Besuch von einer guten Fee erhalten und drei Wünsche frei. Er erhofft sich Einsicht, Nachsicht und eine weitere Amtszeit. Nach dem Gespräch im Bürgermeisteramt verschwindet die Fee wieder im Märchenbuch.
Als wir Kinder waren und noch nicht zur Schule gingen, las uns unsere Mutter jeden Abend zur guten Nacht ein Märchen der Brüder Grimm vor, aus zwei dicken Märchenbüchern mit Illustrationen von Lea Grundig. Jeden Abend, wir lagen bereits erwartungsfroh in unseren Betten, freuten wir uns vor dem Einschlafen auf das Gutenachtmärchen. Später kam ein Buch mit wunderbaren Illustrationen von Ludwig Richter hinzu, in dem wir im Herbst oder am winterliche Nachmittag oft blätterten oder später, als wir bereits zur Schule gingen, selbst lasen.
Die feinsinnigen, stimmungsvollen Illustrationen trugen zur Verzauberung in uns bei. Wir waren dann ganz in uns selbst versunken - in prachtvollen Schlössern zu Hause, in prunkvollen Sälen und königlichen Gemächern, in tiefschwarzen Wäldern, hinter den sieben Bergen. Wenn wir später die heimatlichen Wälder durchstreiften, waren uns oft auch die Märchen der Brüder Grimm mit dem Geschehen in dunklen Wäldern, verwunschenen Brunnen und Quellen gegenwärtig. Einmal machte der Sondershäuser Redakteur Karl-Heinz Meyer rätselhaft geheimnisvoll auf sieben Hügel der Hainleite aufmerksam, bei guter Sicht könne man sie sehen und abzählen. Ob im Norden, Osten oder Westen oder im Süden – jeder findet wohl etwas in den Märchen, das von seiner Heimat erzählt.
In der Hainleite also weilte Schneewittchen, biß es unwissend in den vergifteten Apfel, war es in einem gläsernen Sarg aufgebahrt, bis zu seiner glücklichen Erlösung. Wir ließen uns am Wunschabend immer wieder das Märchen vom Schneewittchen vorlesen oder das von Dornröschen, uns gefielen Rapunzel und Rotkäppchen, Brüderchen und Schwesterchen und Allerleirauh, in der Weihnachtszeit besonders Hänsel und Gretel.
Später entdeckten wir, in welch schöner, wunderbarer, oft auch humorvoller Sprache die Märchen von Jakob und Wilhelm Grimm abgefaßt sind. Welche Grausamkeit doch manches Märchen enthielt, störte uns damals nicht, weil es immer ein gutes Ende gab, mit gerechter Strafe für das Böse und für die anderen, denen aus großer Not geholfen worden war, das Versprechen, als Lohn nunmehr ein langes, besseres Leben vor sich zu haben: „Da hatten alle Sorgen ein Ende, und sie lebten in lauter Freude zusammen.“
Das sollte auch in Sondershausen seit jeher nicht anders sein.
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